Schulgeschichte


Die Anfänge der Grundschule Pye seit 1790

Was war früher anders?

Eigentlich alles! Es gab so etwas wie Schule auch schon vor der Einführung der Schulpflicht in Preußen 1825. In manchen Gemeinden war es der Pastor, ein Handwerker oder ein Knecht, der den Kindern Lesen und Schreiben beibrachte. In Pye war es ein Knecht mit Namen Stallkamp, der etwa ab 1790 in seiner gemieteten Wohnung unterrichtete.

Die Kinder gingen nicht wie heute jeden Tag zur Schule, sondern dann, wenn sie Zeit bekamen. Dies war vor allem im Winter. Im Sommer mussten sie vielfach bei der Feldarbeit und im Haus helfen. Selbst nach der Einführung der Schulpflicht änderte sich dies nur allmählich. Die Lehrer nahmen dies hin, denn sie wussten, dass die Eltern teilweise nur schwer auf die Arbeitskraft ihrer Kinder verzichten konnten. Aber sie waren froh über jedes Kind, das den Unterricht besuchte, denn die Kinder brachten im Winter Holz oder Torf zum Heizen mit.


Wie war es vor 200 Jahren, Lehrer zu sein?

Die Lehrtätigkeit reichte in den Anfängen meist nicht als alleiniger Broterwerb. Die Lehrer arbeiteten auf dem eigenen Stückchen Land ebenso wie für den Bauern, dessen Pächter sie waren, teilweise wurden zusätzlich auch noch handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt. Stallkamps Nachfolger, der Lehrer Minnerup, war Heuerling bei Bauer Gösling und hatte zudem noch das Amt des Schlachters in der Bauernschaft inne. Eine Heuerstelle bestand aus Haus, Garten und etwas Ackerland, für die die Pacht in Form von Arbeit auf dem Hof des Bauern bezahlt wurde. Der aus Pye gebürtige Minnerup war wohl der erste wirklich angestellte Lehrer und wurde als solcher sehr gelobt. Er unterrichtete 35 Jahre lang, von 1800 bis 1835.

Die finanzielle Situation der Lehrer war eher dürftig. Der Lehrer Ossenbeck, der seine Stelle 1850 antrat, bekam zu Anfang von der Gemeinde ein Gehalt von 120 Thalern = 360 Mark. Es liegt auf der Hand, dass Lehrerwohnung, Acker- und Weideflächen, die mit der Schulstelle gekoppelt waren, als „Zubrot“ dringend notwendig waren. Zudem hatten die ersten Lehrer in Pye wahrscheinlich auch den „freien Reisetisch“, was bedeutete, dass sie im wöchentlichen Wechsel bei den Eltern ihrer Schulkindern zum Essen erschienen.


Welche Aufgaben hatte die Schulgemeinde in Pye?

Die Schulgemeinde hatte Gehalt, Wohnung und Ackerflächen für die Lehrer zur Verfügung zu stellen. In den Jahrzehnten nach 1850 erlegte das Königliche Konsistorium der Gemeinde verschiedentlich auf, die Lehrerstelle aufzubessern. Dies erfolgte durch zusätzliche Mietsentschädigung, Bestimmung eines Mindestgehalts, Verbesserung der Ackerstelle, Erhöhung des Feuergeldes und Bewilligung einer Alterszulage. 1874 musste die Gemeinde 480 Mark als Lehrergehalt zahlen, 1877 erfolgte eine weitere Erhöhung: nun waren es 545 Mark zuzüglich der jährlichen Mietsentschädigung von 75 Mark, so dass die Gemeinde nun 620 Mark für die Einnahmen des Lehrers aufzubringen hatte.

Hinzu kamen die notwendigen Aufwendungen für den Erhalt der Schulgebäude. Die folgende Erzählung wirft ein deutliches Licht auf die Unzulänglichkeiten, mit denen sich Lehrer und Schüler in Pye lange abfinden mussten:

„Seit vielen Jahren befand sich in unserer Schule ein Lehmfußboden, der nach und nach so viele Löcher bekam, dass man jeden Augenblick Gefahr lief, hineinzufallen. Eine Unmasse Staub wurde täglich in der Schule aufgewirbelt, welcher der Gesundheit des Lehrers und der Kinder sehr schädlich war.“ Eine Sammlung in der Gemeinde ergab einen Überschuss, der auch noch anderweitig verwendet werden konnte: „Da der schwere steinerne Giebel der Schule einzustürzen drohte, wobei ein großes Unglück hätte passieren können, so wurde derselbe weggeschafft, und statt dessen der jetzige, hölzerne Giebel, mit einem Fenster, hergestellt, zu dessen Kosten noch ein Rest zu decken blieb.

Bei einem Besuche des Herrn Schulrates Brandi wurde der Schulgemeinde aufgelegt, die Schulthüren, welche ganz durchlöchert und verlappt waren, sowie das Portal vor der Schule, welches bei Regenwetter voll Wasser stand, in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. Auch wurden zwei Luftlöcher in der Decke angebracht, und ein kleiner Anbau zum Unterbringen der Kohlen hergestellt, auch ein Abort musste beschafft werden.“

Hieraus wird ersichtlich, wie schwierig es für die Schulgemeinde damals gewesen sein muss, die notwendigen Mittel für das Schulwesen bereit zu stellen.


Der erste Schulbau (1830)

1829 wurde unter der Leitung von Pastor Thies zu Wallenhorst an den baufälligen, gemieteten Kotten, in dem der Unterricht bislang stattgefunden hatte, eine neue Schule angebaut, die 1830 erstmals genutzt werden konnte. Auch Pastor Thies unterrichtete hier von 1834 bis 1842. Die Kosten für den Neubau betrugen damals etwa 1800 Mark.   

Die neue Schule (1894)

Im Herbst 1890 wurde auf dem heutigen Schulgrundstück eine neue Lehrerwohnung gebaut. 1893/94 folgte mit finanzieller Unterstützung der Hohen Königlichen Regierung der Neubau eines Schulgebäudes mit zwei Klassenräumen. Die neue Schule wurde zu Anfang des Wintersemesters 1894 bezogen. 


Was ändert sich?

Die erste Lehrerin,  Frau M. Büldt, wird an der Schule angestellt. Es gibt nun einen Lehrer und eine Lehrerin, die gemeinsam die Unterstufe (Klasse 1-3) unterrichten. Die Ober- und Mittelstufe sind getrennt nach Geschlechtern, der Lehrer unterrichtet die Jungen und die Lehrerin die Mädchen. Die Unterstufe bekommt wöchentlich 12 Stunden Unterricht, Ober- und Mittelstufe dagegen 24 Stunden. Um mehr Unterrichtsstunden für alle Klassen zu erreichen, wird 1907 auf Veranlassung der Königlichen Regierung die Geschlechtertrennung beseitigt und alle Schüler in Ober- und Unterklasse eingeteilt. Zur Unterklasse gehören die Kinder des 1. bis 3. Schuljahres, die von der Lehrerin 22 Stunden wöchentlich unterrichtet werden. Dem Lehrer werden alle übrigen Schüler zugewiesen. In der Oberklasse werden 30 Wochenstunden erteilt.

Im Herbst 1910 wird eine dritte Klasse eingerichtet, es bleibt jedoch weiterhin bei zwei Lehrkräften. Gleichfalls 1910 kommt Frau Elisabeth Thiesmeyer, die bis 1952 in Pye unterrichtet, an die Schule. 1912 übernimmt der Lehrer Antron Brankamp für 35 Jahre (bis 1947) die Leitung der Pyer Schule. Bis 1954 führt er die Chronik der Schule.


Aus der Chronik: Schule im zweiten Weltkrieg

„Wegen der Kohlenknappheit musste die Schule am 4. Februar aussetzen. Jeweils sonnabends kommen die Schulkinder zur Schule, um sich die Aufgaben für die Woche nachsehen zu lassen und neue entgegen zu nehmen. Erst am 1. März konnte der Unterricht wieder seinen geregelten Fortgang finden.“ Wie die Chronik berichtet, fällt aufgrund der widrigen Verhältnisse immer wieder die Schule  aus, Ferien werden wegen grimmiger Kälte verlängert. Dies geht bis 1945. Im August 1945 wird die Schule Pye mit 203 Schülern wieder eröffnet. 1946 tragen alle Zeugnisse die Bemerkung: „Unterricht in den nicht beurteilten Fächern ist infolge der Zeitverhältnisse ausgefallen.“


Und nach dem Krieg?

Nicht lange und die Schule Pye platzte aus allen Nähten: 1955 gab es für 159 Kinder nur drei ordentliche Klassenräume und einen kleinen ehemaligen Werkraum im Dachgeschoss der Schule. Die sanitären Verhältnisse mussten dringend verbessert werden. So wurde 1957/59 ein Erweiterungsanbau geplant – das heutige Schulgebäude entstand.

Wenige Jahre später wurde eine „Gebiets- und Schulreform“ diskutiert: die Schließung der Schule Pye wurde erwogen. Mit Unterstützung des Kollegiums geht Schulleiter Seidel in die Öffentlichkeit, um für den Erhalt der Schule Pye zu werben. So veranstaltet er unter anderem im September 1965 ein Schul-Jubiläumsfest unter dem Titel: 175 Jahre Pyer Schule – 1790-1965. In Rollenspielen stellen die Kinder ihre historische Pyer Schule vor, sie spielen die jetzige Schule und entwickeln Zukunftsvisionen. Seidels Plan geht auf, die Schule Pye bleibt bestehen. Noch einmal droht bei sinkenden Schülerzahlen in den 70er Jahren die Schließung der Schule, doch unter dem Leitsatz „Kleine Schulen für kleine Kinder“ wird auch diese Hürde genommen. In den 90er Jahren erfolgen Schulneubau mit 4 Klassen und Altbausanierung, die Schülerzahlen steigen deutlich an.

 

(Anm. der Schulleitung: Der Verfasser der bis hier vorliegenden Ausführungen ist nicht bekannt)